Enunziationen

Ahnung

Ich bin eine Liebhaberin der Ahnung.

Ein sich plötzlich einstellender Zustand, zu flüchtig, um in konkrete Worte gefasst zu werden; und doch kann einen die Ahnung in ihrer Opazität so lange begleiten, bis sie sich zu etwas Konkretem formt, einem Wort vielleicht, einem Bild oder einer Erkenntnis. Die Ahnung ist wie ein erster Riss in einem Mauerwerk, der irgendwann, viel später, dazu führt, dass…

Das Unbehagen

Lieber Betrachter, komm doch bitte näher. Schau dich um. Ja, bitte schau dich um und betrachte. Alles, was Du siehst, ist für dich gemacht. Die Stunden, die es brauchte, um all das zu erdenken und zu schaffen, so und genau so, wie es jetzt ist, waren Dir gewidmet. Was meinst du? Vielleicht gefällt es Dir nicht, vielleicht fragst Du dich, warum.
Du fühlst dich bedrängt und beleidigt?
Fühle dich beschenkt, fühle dich reich, auch wenn Du nicht verstehen sollst, worin der Reichtum besteht. Im besten Fall bekommst Du ein Geschenk, das Dir gefällt, das aber im inneren Kern seines Wesens einen kleinen Raum des Unbehagens hat, ein Kratzen an etwas, eine kleine Wunde, eine Frage, die Du mitnimmst, wenn Du gehst, und die, ohne Wort zu sein, vielleicht einmal ein Schrei wird, oder ein Lachen.

„Ich weigere mich seit je her und immer noch entschieden dagegen, meinen eigenen Werken eine Interpretation beizufügen. Natürlich gehen den verschiedenen Erscheinungen oft jahrelange Prozesse voraus, in die manigfaltige Einflüsse verwoben sind: philosophische Positionen, ästhetische Prozesse, gesellschaftliche Entwicklungen,

Und auch wenn ich genau weiß, was ich für mich darstellen möchte, welche konkrete Position sich in meinem Werk manifestiert, so würde ich doch durch die Preisgabe den Rezipienten um seine allerwichtigste Komponente in dieser Performance betrügen, würde ihn beschneiden von eben diesem Moment: der Begegnung mit seiner eigenen Fantasie.“

Latenz – verborgen seiend

Der Gedanke von H.U. Gumbrecht
– Latenz als Ursprung der Gegenwart –
bewegt mich, interessiert mich, ist Teil meiner Wahrnehmung.

Latenz:

  1. Vorhandensein einer (noch, momentan, vielleicht auch prinzipiell) nicht sichtbaren „Sache“
  2. Zeit zwischen Reiz und Reaktion, zwischen Ursache und Wirkung
  3. zeitweiliges Verborgen-sein einer Krankheit, symptomfreie Zeit
  4. Zeit zwischen Anfrage und Antwort
  5. Wegen der manchmal so langen Latenz können Ursache und Wirkung nicht immer zugeordnet werden.

Mich interessiert: wie kam es dazu? was hast du wirklich gesehen? und was hast du empfunden beim Sehen? Gibt es eine Fadenscheinverbindung in eine andere Richtung? Haben Dinge, die eigentlich nicht zusammen passen, sich abstoßen, sich widersprechen, irgendwo doch eine Verbindung? Kann man durch ähnliche Latenzen neue Kompaktheit erhalten?
Müssen wir uns mehr mit der Latenz, mit dem daran vorbei und dahinter Schauen beschäftigen ?
Was bedeutet die Oberfläche und ist sie trügerisch? Oder hat jede Ebene seine eigene Wahrheit?

Ahnung

Ich bin eine Liebhaberin der Ahnung.

Ein sich plötzlich einstellender Zustand, zu flüchtig, um in konkrete Worte gefasst zu werden; und doch kann einen die Ahnung in ihrer Opazität so lange begleiten, bis sie sich zu etwas Konkretem formt, einem Wort vielleicht, einem Bild oder einer Erkenntnis. Die Ahnung ist wie ein erster Riss in einem Mauerwerk, der irgendwann, viel später, dazu führt, dass…